Kurzes pathologisches Gutachten
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Grill eingesetzt |
Grill integriert |
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Version 1: Dach glatt |
Version 2: Dach mit Öffnung |
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Version 3 (MB und Page): glatt mit Markierungen |
Version 4 (WVM 2012): Dach mit tausend Kratzern |
Diese Konturen sind auch bei der letzten Version (4) noch etwas erkennbar, die zur WVM-Packung 8 gehört. Zusätzlich weist das Dach zahllose Kratzer in Längsrichtung auf.
b) Chassis
Das Chassis des MB L 319 besteht aus 2 Teilen: In das eigentliche Chassis ist von unten eine Kardanplatte eingeklebt, die das Einlegen von montierten Rad-Achs-Kombinationen ermöglicht. Die oben aus dem Chassis ragenden Zapfen wurden dann von oben verklebt.
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unverklebte Chassis-Teile von unten und oben |
das montierte Chassis mit Radsätzen |
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Klebenase nur hinten |
Klebenase hinten und vorne |
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Bodenprägung WM auf der Ölwanne |
Bodenprägung neues WIKING-Logo und Germany |
Die Verglasungen von Bus- und Kastenmodellen sind unterschiedlich. Die Verglasung des Kastenwagen ist an den Ecken stärker gerundet und hat eine großflächige rechteckige Verstärkung zur Dachfläche. In diese Verglasung wurden später eine bzw. mehrere Öffnungen für die Zapfen des Dachgepäckträgers eingebracht. Anfangs war die Verglasung an den Seiten geklebt, bei den neueren Modellen findet sich die Verklebung flächig zum Dach.
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Verglasung des Kastens mit rechteckiger Verstärkung |
Verglasung des Busses ohne rechteckige Verstärkung |
Wie oben dargestellt haben die alten Modelle von 1959 bis 1968 den silbernen eingesetzten Grill und das alte Chassis mit der Bodenprägung WM. Abziehbildbeschriftungen gab es bei diesen Modellen von ca 1959 bis 1963. Das Modell lief noch von 1968 bis 1971 mit integriertem Grill als Wasserrettung. Ab 1996 gab es beginnend mit Warsteiner eine Reihe von Wiederauflagen mit dem Dachlüfter. Erst im Jahre 2012 taucht wieder eine Version ohne Lüfter in der WVM-Packung 8 auf.
Das Modell wurde in der Rubrik Modellbau > Modellautos > WIKING > LKW eingestellt. Der Angebots-Text sei hier wie folgt zitiert:
RARITÄT! Wiking Mercedes Benz 319 grün Vorserie. Leuchtgrün (Grasgrün). Komplett unbemalt. Weiße Bedruckung an den Seiten. Schwarzes-Grünes Chassis. Modell nur zusammengesteckt, nicht geklebt. Ich stelle nach und nach einige kleine Sammlungen oder Auto's ein - einfach öfter mal nachsehen.
Tierloser Nichtraucherhaushalt Nach Rücksprache ist auch eine Vorher-Besichtigung möglich. Gerne auch an Selbstabholer. Standort: Düsseldorf.
(Die letzte Zeile ist sehr spezifisch für den Anbieter).
Wie beschrieben war das Modell nur gesteckt. Es besteht aus den 3 Teilen Karosserie, Chassis und Verglasung.
a) Karosserie
Bei der Karosserie handelt sich um die Version 4 des Mercedes L 319 Kastenwagen. Typische Merkmale sind der integrierte Grill und das glatte Dach. Es gibt nur ein Vergleichsmodell mit diesen Charakteristika: den weinroten Kastenwagen aus der Packung WIKING-Verkehrs-Modelle 8 aus dem Jahr 2012 mit der Papierbeschriftung WM Transporte mit silbern bedrucktem Grill.
Da das zu untersuchende Objekt in der vorliegenden Farbe grün sonst nicht bekannt ist, stellt sich die zentrale Frage, ob es sich bei der Karosserie um einen Nachguss handelt oder als Schwarzproduktion aus der Originalform gepurzelt ist. Bei Nachgüssen sind bei stark vergrößerter Betrachtung Abweichungen in der Darstellung von Details zu erwarten. Es ergab sich, dass die Karosserien an allen Punkten exakt gleich waren. Exemplarisch sei die ungewöhnliche Oberflächenstruktur des Daches hervorgehoben. Jede Riefe findet sich wieder.
Im Mikrorelief: typische Spuren |
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Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass das zu untersuchende grüne Modell und das Modell WM Transporte aus der gleichen Form stammen. Das wird durch Oberflächenbeschaffenheit, Wandstärken und Gewicht belegt.
Zur Untersuchung des Kunststoffes wurden zusätzlich noch einige Untersuchungen durchgeführt:
An der Innenseite der beiden Karosserien wurde ein erhitztes Werkzeug in den Kunststoff gedrückt. Bei beiden Materialien sank das Werkzeug in den Kunststoff ein. Es handelt sich offensichtlich bei beiden Modellen um ähnliche thermoplastische Materialien.
Auf beide Materialen wurde ein Polystyrol-Kleber aufgetragen. An beiden Materialien kam es zur oberflächlichen Anlösung. Dies spricht dafür, dass es sich auch beim grünen Modell um ein Polystyrol und nicht um ein Duraplast handelt.
Auf beide Materialen wurde längere Zeit 2-Ethoxethanol ("Lux") aufgetragen. Hierbei konnte nach längerer Einwirkzeit ein gewisser Farbabrieb beim grünen Modell festgestellt werden. Nach Trocknung wurde die Einwirkfläche weißlich.
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Abrieb nach Lux-Einwirkung |
Weiße Stelle nach Lux-Einwirkung |
Im Auflicht kann man die Struktur des Abziehbildes gut erkennen (kein Druck, wie in der Artikelbeschreibung angegeben). |
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Am Chassis finden sich an den Klebezapfen Reste von gelösten Klebeverbindungen. Und dies, obgleich an der Karosserie an den entsprechenden Stellen kein Kleberauftrag vorliegt. Das Chassis gehört also nicht zur Karosserie und wurde nachträglich zur Karosserie geführt. Als Spendermodell ist das Modell Polizei aus der Sonderpackung "Staatsbesuch in Bonn" (2007) schnell ausgemacht. Version: mit Bodenprägung neues WIKING-Logo und mit 2 Klebenasen.
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gelöste Klebeverbindung |
Chassis Version mit neuem WIKING-Logo |
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Chassis dunkelgrün - zwei Klebezapfen |
Spendermodell |
Die in das Modell nur gesteckte Verglasung weist auf der dem Dach zugewandten Seite erhebliche Schleifspuren auf. Es handelt sich um die Version mit 2 Öffnungen - eine zusätzlich wegen des Blaulichtes. Auch die Verglasung gehört vermutlich zum Polizei-Modell. |
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Für die Produktion der Karosserie des Mercedes L 319 für die Packung WIKING-Verkehrs-Modelle 8 wurde die entsprechende Form in den Spritzbetrieb gegeben. Die Farbe des Serienmodells war weinrot. Ohne Autorisierung von WIKING sind Schwarzspritzungen auch anderer Farben entstanden und haben auf illegalen Wegen die Produktionsstätte verlassen. Eine aus einer solchen Schwarzproduktion stammende Rohkarosserie sollte möglichst gewinnbringend vermarktet werden.
Hierzu wurde ein Modell der Neuauflage Staatsbesuch in Bonn (2007) mit der Aufschrift "Polizei" (sic!) zerlegt und die Verglasung nach Wegschmirgeln der Klebereste und das noch mit Kleberesten behaftete Chassis mit der Karosserie durch einfaches Zusammenstecken vereint.
Doch damit nicht genug: um einen möglichst hohen Verkaufserlös zu erzielen, wurde das Modell noch mit einem gefälschten Nass-Schiebebild "WM Service" versehen. Hierin spiegelt sich besonders viel kriminelle Energie, denn für alte originale Modelle mit originalen Abziehbildern werden höhere Summen gezahlt.
Der erfahrene Sammler weiß hier nicht, ob er sich vor Lachen auf die Schenkel schlagen oder weinen soll: die Abziehbilder WM-Service haben 1. auf dem Modell ohnehin nichts zu suchen, 2. gab es Abziehbilder bei diesem Modell nur zu einem Zeitpunkt, als die Modelle den silbern eingesetzten Grill hatten und 3. gab es seit 1981 bei WIKING (das sind nun 32 Jahre) keine Abziehbilder mehr. Da Fälscher möglichst ohne großen Aufwand zu Geld kommen wollen, wäre der Aufwand für Recherche sicher auch viel zu groß. So ist dieser Fälschung das Attribut "plump" zu attestieren und es spricht für die Unerschrockenheit des Anbieters, ein solches Modell als Vorserie anzupreisen. Ähnliche Modelle wurden vom gleichen Anbieter in rot und weiß zum Verkauf angeboten.
Zur Untersuchung gelangte ein Mercedes L 319 Kastenwagen in grün mit einem Abziehbild "WM Service". Das Modell sollte hinsichtlich seiner Beschaffenheit und seiner Authentizität beurteilt werden.
Mercedes L 319 Kastenwagen in grün, Abziehbilder "WM Service", Grill integriert, Chassis dunkelgrün mit neuem WIKING-Logo, unverklebt.
Es handelt sich um eine nicht von WIKING autorisierte Schwarzproduktion in Sonderfarbe, die formidentisch mit der Wiederauflage WVM 8 aus dem Jahre 2012 ist. Die Beschriftung ist gefälscht, Chassis und Verglasung stammen von einem Bastelmodell und tragen Bearbeitungsspuren.